Die Erste Republik und der politische Lagerstreit

Den Zusammenbruch der Monarchie im November 1918 erlebten die Menschen mit gemischten Gefühlen. Plünderungen, vielfach durch abgerüstete Soldaten, standen an der Tagesordnung. Erst im neuen Jahr bekam Pasching einen Gendarmerieposten.
Das Postenkommando wurde am 1. Jänner 1919 eingerichtet und hatte von Anfang an viel zu tun. Zunächst machten Viehdiebstähle den Bauern zu schaffen. Innerhalb von drei Monaten wurden 1 Kuh, 2 Ziegen und 13 Schweine gestohlen. Im Mai konnte die Bande ausgehoben werden: Sie stammte aus dem Ort.Wo die Gendarmerie nicht gleich zur Stelle sein konnte, musste man sich selbst zur Wehr setzen. Auf dem Randlgut erschienen im Februar ungefähr 10 bewaffnete Soldaten und verlangten unter Drohungen die Herausgabe von Lebensmitteln. Der Bauer, seine zwei Söhne und der Knecht konnten sie allerdings aus dem Haus drängen.
Hunger und Armut waren ein starkes Motiv für Kriminalität. Auch Schleichhändler trieben ihr Unwesen. Im Februar 1919 konnten die Gendarmen einen Mann in Pasching verhaften und bei ihm 390 Stück neuwertige Damenhemden sicherstellen, die Eisenbahner in Kleinmünchen aus einem Waggon mit Schweizer Sammelspenden gestohlen hatten.

Demokratischer Neubeginn
Die Errungenschaft der neuen Republik war vor allem das allgemeine Wahlrecht. Erstmals gingen auch die Frauen in Pasching wählen, und das innerhalb weniger Wochen gleich drei Mal: Am 16. Februar 1919 fand die erste Nationalratswahl statt, bei der die Sozialdemokraten stimmenstärkste Partei wurden. Auch in Pasching konnten sie sich bei der Gemeinderatswahl am 13. März 1919 als neue politische Kraft in der Gemeinde behaupten. Am 18. Mai wurden Landtagswahlen in Oberösterreich abgehalten. Hier lagen allerdings die Christlichsozialen mit 32 Mandaten deutlich vor den Sozialdemokraten mit 18 und den Großdeutschen mit 10 Mandaten.
Pasching war also gegen den Landestrend nach dem Krieg eine „rote“ Gemeinde geworden. Bei der konstituierenden Gemeindeausschusssitzung am 7. Juni 1919 wurde der Eisenbahner Stefan Niedermayr zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister gewählt. In der Bekämpfung der sozialen Notlage nahm Niedermayr keine Rücksicht auf die Bauern und ließ sogar eine Wiese beschlagnahmen, damit dort Arbeiterfamilien Erdäpfel anbauen konnten. Die Sache kam allerdings vor Gericht und der Bürgermeister wurde wegen Besitzstörung schuldig gesprochen.
1924 wurde Niedermayr abgewählt, er war auch der Konfrontation mit der Kirche nicht aus dem Weg gegangen. Neuer Bürgermeister wurde sein Gegenspieler, der Gutsbesitzer Rudolf Feitzlmayr aus Aistenthal, der die Großdeutschen vertrat. 1929, nach einem erbittert geführten Wahlkampf, bei dem es zu schwerwiegenden Beschuldigungen und sogar Handgreiflichkeiten kam, wurde erneut Stefan Niedermayr Bürgermeister. Sozialdemokraten und Christlichsoziale dominierten die Lokalpolitik, nur eine kleine Rolle spielte der deutschnational ausgerichtete Landbund, der die evangelischen Bauern vertrat.

Unruhige Zeiten
Durch die politische Konfrontation war der Gemeinschaftsgedanke im Ort verloren gegangen, auch das Vereinsleben war weltanschaulich bestimmt. Die größte Herausforderung war aber die Bekämpfung der Armut. Kaum hatte sich die Versorgungslage verbessert, machten der Börsencrash 1929 und die dadurch ausgelöste Weltwirtschaftskrise alle Fortschritte wieder zunichte. Wachsende Arbeitslosigkeit, zunehmende politische Radikalisierung, Diebstähle, Körperverletzungen und eine Serie von Brandstiftungen sorgten in Pasching für große Unsicherheit. Nach dem Verbot der Nationalsozialisten 1933 kam es auch zu zahlreichen Anzeigen und Verhaftungen wegen Hochverrats.

Das Ende der Ersten Republik
Nach dem Bürgerkrieg im Februar 1934 wurde auch in Pasching die Gemeindeverwaltung aufgelöst. Der Christlichsoziale Franz Weinberger vom Baumgartnergut wurde zum Bürgermeister ernannt. Wahlen gab es keine mehr. Am 1. Mai wurde die Demokratie in Österreich formal außer Kraft gesetzt. Politisch gaben nun die „Vaterländischen“ den Ton an. In der Umgebung von Pasching sorgten jedoch illegale Nazis immer wieder für Anschläge.

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