Jugendstil-Architektur in Pasching

Im Jahr 1907 wurde in Pasching für den neuen Pfarrer ein Pfarrhof errichtet.

Der Baumeister Maximilian Roithner plante und errichtete das Gebäude im damaligen modernen Stil.

 

Der lange Weg zur eigenen Pfarre
Jahrhundertelang war Pasching eine Filialkirche der Pfarre Hörsching und diente vor allem als Taufkapelle. Seit dem 18. Jahrhundert bemühten sich die Paschinger mehrmals, eine eigenständige Pfarre zu werden, was zu Spannungen mit dem jeweiligen Hörschinger Pfarrer führte. Im Jahr 1755 wandten sich die Ortsbewohner sogar direkt an die „Kaiserin“ Maria Theresia mit der „alleruntertänigsten“ Bitte, „einen Pfarrer und Seelsorger allergnädigst zu verschaffen“.
Vorausgegangen war ein Streit mit dem Hörschinger Pfarrer, dem die Paschinger eine jährliche Aufwendung von 105 Gulden nicht mehr zahlen wollten. Diese Summe stellte der Pfarrer seit ca. 1750 dafür in Rechnung, damit an allen Sonntagen eine Messe gelesen würde. Allerdings schickte er dazu einen gänzlich unfähigen Priester, der von den Paschinger Bauern deshalb boykottiert wurde. Sie forderten stattdessen einen „guten und bei uns wohnenden Seelsorger“. Die kaiserliche Kammer in Wien hatte daraufhin Erhebungen angeordnet, die jedoch zu keinem Ergebnis führten. So mussten die Paschinger Bauern weiterhin für die nächsten 158 Jahre jeden Sonn- und Feiertag den Seelsorger aus Hörsching in einer Kutsche holen und anschließend wieder zurückfahren.
Erst im Jahr 1894 ergriff Josef Mayr vom Paschinger Bruckmairgut die Initiative und rief den Paschinger Pfarrgründungsverein ins Leben. Von Anfang an wurden eifrig Spenden gesammelt, um die wirtschaftlichen Grundlagen für das Einkommen des späteren Pfarrers zu schaffen.

Im neuen Stil
Nach fast 14 Jahren ging der Plan auf und Ende 1907 konnte die Pfarrgründung eingeleitet werden. Umgehend ging man an die Planung und Errichtung des Pfarrhofs heran, den Auftrag dafür erhielt der Bauunternehmer Maximilian Roithner aus Traun. Die Planung erfolgte im Trend der damaligen Zeit – dem Jugendstil.
An der Außenfassade wurden plastische Akzente gesetzt, indem die Fenster und Türen mit Ornamenten und Spiralen verziert wurden. Streng geometrische Formen bilden den Grundrahmen, dazwischen sorgen florale Abstraktionen für dekorative, fließende Linien – obwohl symmetrisch angeordnet, wirkt die Fassade sehr lebendig. Die gleiche künstlerische Gestaltung des Eingangsbereichs findet sich auch bei den Gaupen. Und auch die Gitter der Fenster wurden dem gleichen Stil angepasst, inmitten der geradlinigen Stäbe sind blumenartige Verzierungen erkennbar. Sogar der im Jahr 1909 von Schlosser Sturm aus Traun errichtete Zaun um das Pfarrhaus zeigte Jugendstilelemente – leider fiel er 1940 dem Metallbedarf des Kriegs zum Opfer. Der konservative, geradlinige Sims, der horizontal über die Erdgeschoßfenster rund um das Gebäude verläuft, wirkt zwar wie ein Stilbruch, soll jedoch die Ornamente vor Witterungseinflüssen schützen.

Einweihung 1907
Am Sonntag, den 3. November 1907 fand die Einweihung des Pfarrhofs durch Pfarrer Franz Bruckmüller von Hörsching statt – unter großer Beteiligung der Bevölkerung, des Erzherzog-Ferdinand-Veteranenvereins von Hörsching, der Paschinger Feuerwehr, der Lehrerschaft und Schuljugend, der Gemeindevertretung mit Bürgermeister Lehner und natürlich des Pfarrgründungsvereins. Am letzten Tag des Jahres wurde der Pfarrhof schließlich vom neuen Pfarrer Michael Peterseil bezogen.

Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Der Pfarrhof wurde mit einer Grundfläche von rund 200 m2 erbaut. Eigene Räume im Keller waren für Brennmaterial, Obst, Blumenstöcke, Kartoffeln und Rüben sowie Getränke vorgesehen. Im Erdgeschoß befanden sich die Kanzlei, das Archiv, die Küche und ein Gästezimmer sowie jeweils ein Zimmer für die Köche und die Magd. Im ersten Stock hatte der Pfarrer eine geräumige 3-Zimmer-Wohnung, daneben gab es ein Zimmer für den Kooperator und ein weiteres Gästezimmer. Das rund 100 m2 große Wirtschaftsgebäude beherbergte einen Kuh- und Schweinestall sowie eine Waschküche und einen Heuboden. Das Gebäude erhielt die Hausnummer Pasching 82 (heute Schulstraße 15).

Der Baumeister Roithner
Der Planer und Errichter des Pfarrhofs Maximilian Roithner wurde am 30. Dezember 1875 in Traun geboren, bereits als 24-Jähriger übernahm er das 1872 gegründete Bauunternehmen seines Vaters Johann Roithner (1845–1899), der seinerseits für zahlreiche öffentliche Bauten – etwa die neugotische Pfarrkirche in Traun oder die Volksschulen in Traun, Leonding und Kleinmünchen – verantwortlich zeichnete, von 1884 bis 1887 war er auch Bürgermeister der Gemeinde Traun. Ebenso wie sein Vater errichtete auch Maximilian Roithner zahlreiche Gebäude in und um Traun, zum Beispiel die evangelische Kirche und Schule in Traun. In seiner Gemeinde machte er sich auch als Vizebürgermeister und Feuerwehrkommandant verdient. Viel zu früh, mit nur 58 Jahren, starb er 1930 an einem Herzfehler.