
Zuflucht und Neustart in Pasching
Auf dem Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie lebten vor 1918 außerhalb des heutigen österreichischen Staatsgebietes weitere fünfeinhalb Millionen Menschen deutscher Muttersprache. Die Siedlungsgeschichte dieser deutschen Volksgruppen beginnt bereits im 12. Jahrhundert.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und danach entluden sich in den von der Roten Armee eroberten Gebieten als Antwort auf die Verbrechen der Nazis Hass und Gewalt gegen die deutschsprachige Zivilbevölkerung. Das Schicksal der sogenannten Volksdeutschen bestand in Verschleppung und Misshandlung, Vernichtung in Hungerlagern und in der späteren Ausweisung aus ihrer angestammten Heimat.
Ein Teil der Landbevölkerung flüchtete schon davor mit wenigen Habseligkeiten auf von Ochsen gezogenen Blachenwagen. Auf schlechten Straßen waren sie oft bis zu zwei Monate unterwegs. In Österreich und Deutschland fanden viele Arbeit und Quartier bei Bauern. Auf diese Weise kamen auch viele Flüchtlinge und Aussiedler nach Pasching. Nach dem Krieg waren es vor allem die Städter, die mit Lkws, per Zug oder Schiff ihre Heimat verlassen mussten. Sie durften nur so viel mitnehmen, wie sie tragen konnten. Im Raum Linz fanden sie Zuflucht in einem der vielen Barackenlager.
In ganz Oberösterreich wurden 42 solcher Lager gezählt. Nach einer Erhebung vom 1. Juli 1949 waren in diesen Barackenlagern rund 31.900 Flüchtlinge untergebracht. In der Gemeinde Pasching waren es von Mitte 1945 bis Mitte 1951 mehr als 3.000 Personen aus 21 Ländern, die vorübergehend Notunterkünfte bezogen. Anfang der 1950er-Jahre begann das Land Oberösterreich, Siedlungsmöglichkeiten für die Heimatvertriebenen zu schaffen, auch in Pasching entstand ein solches Projekt. Die „Siedlungsgenossenschaft der deutschsprachigen Heimatvertriebenen“ (die spätere Danubia) und die Siedlungsgemeinschaft „Frohe Zukunft“ erwarben dafür ca. 300.000 m2 Bauland.
Unter nicht gerade günstigen Bedingungen und mit einem unglaublich kleinen Eigenkapital von 2.000 bis 4.000 Schilling begannen die Heimatvertriebenen mit dem Bau von Eigenheimen. Dieser Mut war mit großen Anstrengungen, mit Sparsamkeit und persönlichen Entbehrungen verbunden, jahrelang mussten die Familien der Neusiedler auf viele Bequemlichkeiten verzichten.
Neben den Heimatvertriebenen kamen noch viele Zuwanderer aus allen Landesteilen, die sich hier an der Peripherie der Landeshauptstadt sesshaft machen wollten. Das führte in nur kurzer Zeit zu einem einzigartigen Verschmelzungsvorgang von herkunftsmäßig verschieden strukturierten Bevölkerungsgruppen.
Am 29. Oktober 1953 legte der Gemeinderat den Flurnamen „Langholzfeld“ als amtliche Bezeichnung der neuen Siedlung in Wagram fest.
Innerhalb von zehn Jahren, von 1951 bis 1961, war die Bevölkerung in Pasching von 1.700 auf 4.748 Personen angewachsen, ihre Zahl hatte sich also fast verdreifacht.
Vorausblickend hatte die Gemeinde bereits 1952 im neuen Siedlungsgebiet Langholzfeld Grundstücke für spätere kommunale Bauten erworben. 1959 wurde mit dem Bau der Volksschule begonnen, es folgten die Hauptschule und der Kindergarten. Auch der Wunsch der neuen Siedler nach einer eigenen Kirche wurde verwirklicht, die Einweihung fand Ende 1967 statt.
Im Oktober 2023 wurde am Schöppfeld ein Marterl errichtet, es zeigt die fünf Wappen der vertriebenen Volksgruppen, die sich in Pasching niedergelassen haben: Siebenbürger-Sachsen, Bukowina-Deutsche, Donauschwaben, Sudetendeutsche und Karpaten-Deutsche. Das Denkmal soll nicht nur Wertschätzung seitens der Gemeinde ausdrücken, sondern – unabhängig von der Herkunft – für Toleranz, Verständnis und Mitgefühl stehen.